ANTHRAX / AFTER ALL

23.03.2003 Ludwigsburg, Rockfabrik

Nach längerer Zeit sollte mal wieder ein Gig in der guten Rofa besucht werden, und nach dem zu urteilen, wie die neue ANTHRAX eingeschlagen hatte, war zu befürchten, daß es proppevoll würde. Was das in der Rofa zu bedeuten hat, ist wohl klar: Wenn man was sehen will muß man Ellenbogen und biernasse Klamotten ertragen, denn der Bereich um die Bühne einsehen zu können ist in der Relation zu den Anwesenden bei solch übermäßig ausverkauften Gigs wie seinerzeit KREATOR / DESTRUCTION / SODOM oder noch ein paar Jährchen früher TYPE O NEGATIVE / TIAMAT, kaum der Rede wert...Doch was sehen meine halb erloschenen Augen? Die Rofa ist ein wenig umgebaut worden und man hat nun gut 2-3 Meter mehr Platz nach hinten, was schon einiges ausmacht. Also mal abwarten, wie da die Gig-Feuertaufe verläuft...(Hage)

AFTER ALL

Kurz nach 20:00 Uhr enterten dann die hierzulande kaum bekannten Belgier von AFTER ALL die Bühne. Zu Beginn gab’s mit „Beneath the Flesh“ und „Rectify“ gleich zwei Stücke vom aktuellen Album „Mercury Rising“ für die Zuhörerschaft. Den Stil von AFTER ALL kann man als recht fetten Metal mit der einen oder anderen speedigen Passage und Anklängen an die 80er beschreiben. Die Jungs machten ordentlich Dampf, aber leider ging das Publikum nicht mit. Sänger Piet Focroul gab sich redlich Mühe das Publikum anzuheizen, aber auch seine gute und teilweise etwas an Russel Allen von SYMPHONY X erinnernde Stimme konnte das Ruder nicht herumreißen. Der Sound war sauber und auch recht druckvoll. Allerdings merkte man der Band nicht an, dass sie schon seit Anfang der 90er im Geschäft ist. Es war kaum Bewegung auf der Bühne. Die beiden Gitarristen und der Basser standen die meiste Zeit wie Salzsäulen rum. Vielleicht lag das aber auch an den nicht vorhandenen Reaktionen aus dem Publikum. Es gab zwar nach jedem Stück artig Beifall und Anfeuerungsrufe für unsere belgischen Nachbarn, aber während sie ihre Musik spielten tat sich im Publikum einfach nichts. Selbst die normal immer vertretenen „erste Reihe Banger“ gab es nicht.

Besonders eigenständig kommt die Musik von AFTER ALL auch nicht gerade daher. Deutlich sind Einflüsse von Genre-Größen zu hören, die ihre Wurzeln in den 80ern haben: METALLICA, SLAYER, MOTÖRHEAD, etc. Alles nichts Neues, aber durchaus ansprechend dargeboten. Bis auf das letzte eigene Stück habe ich dank der braven Ansagen von Herrn Focroul auch alle Titel mitbekommen, ehe dann zum Abschluss mit „Metal Militia“ ein alter METALLICA - Klassiker ausgegraben wurde. Plötzlich war dann doch Bewegung in der Meute. Haare flogen, Schädel kreisten und die Luftgitarre wurde ausgepackt. Somit fand die eigentlich ganz ansprechende Show doch noch einen halbwegs gelungenen Abschluss. Bei wem ich jetzt Interesse an AFTER ALL geweckt habe, der kann sich unter http://listen.to/afterall weiter informieren. (Stefan)

Gegen Viertel Zehn (für alle Quadratdenker: 21:15!!!) erlosch dann das Saallicht zum zweiten Mal und die Introklänge der aktuellen Milzbrand-Scheibe ertönten. Schon beim logischerweise folgenden, gnadenlosen 'What Doesn´t Die' war dann klar, daß sowohl Band als auch Fans absolut in Hochform sind und sich gegenseitig zu einem Höhepunkt-reichen Gig schaukeln würden. Frontderwisch John Bush sang mal wieder wie ein junger Gott, Scott Ian poste und stampfte wieder wie eh und jeh, Frank Bello - noch mit etwas albern ausschauender halblangen Prinz Eisenherz - Matte - ging ab wie in besten Tagen und Charlie Benante setzte die notwendigen Akzente hinter der Schießbude. Einzig der zweite Gitarrero Rob Caggiano wirkte weniger sicher und etwas nervös, weswegen er meist nur wenig zur Bühnenaction beitrug. Ansonsten ging es im Folgenden mit einem absoluten Killerset weiter, bei dem sich nagelneue Perlen vom überragenden 'We´ve Come For You All' - Werk wie 'Refuse To Be Denied', die geile Single 'Safe Home', das geile 'Nobody Knows Anything' oder das oberbrutale 'Black Dahlia' zu älteren Songs der einzigen wirklich akzeptablen und zu befürwortbaren Bush-Ära (der von Meister John) gesellten, darunter die brillanten 'Inside Out', 'Only', 'Catharsis', und die gänsehauterzeugende Ballade 'Black Lodge'. Und dies alles war das euphorisch aufgenommene Beiprogramm zu einem (glücklicherweise) schier nicht enden wollenden Schwall an alten Hits, die mit Mr.Bush am Mic gar noch etwas besser rüberzukommen scheinen. Als da wären (ich hoffe ich vergesse nix): 'Belly Of The Beast', 'Got The Time', 'In My World', 'Anti-Social', 'Efilnikufesin (N.F.L.)', 'Caught In A Mosh' und 'Madhouse'. Dabei schafften es die sympathischen Burschen immer, das Publikum mit in den Set einzubeziehen, so daß etliche Mitshoutpassagen an den Start gingen. Daß eine Band mit solch einem Programm gar nicht aufhören DARF, versteht sich ja von selbst. Bei den etlichen Zugaben ging es dann mit dem sensationellen 'Metal Thrashing Mad' vom 83er 'Fistful Of Metal' - Debüt los, das direkt in 'Fast As A Shark' von ACCEPT überging (O-Ton J.Bush: "Die Begründer des Thrash!!!"). Und da wohl immer noch nicht genug altes Material am Start war folgte noch 'Gung-Ho', ehe mit dem Medley aus den beiden Rap/Fun - Metal - Party - Gott - Krachern 'Bring The Noise' (unglaublich FETT) und 'I´m The Man' der ultimative Höhepunkt des Abends erreicht wurde - GEIL!!!! Da konnte auch das endgültig abschließende 'I Am The Law' keinen mehr drauf setzen.

2 Stunden bester Unterhaltung (mit leichtem Tiefgang bei einer kurzen Ansprache zum Krieg)waren zu Ende, und abgesehen von der Enttäuschung mancher, daß der neue Song 'Cadillac Rock Box' und der meisten, daß mit 'Indians' einer DER Klassiker fehlte, war das Konzert der eindeutige Beweis, daß ANTHRAX auf einem weiteren Karrierehöhepunkt angelangt sind, den sie kaum noch übertreffen können. Macht euch bei den Sommerfestivals darauf gefaßt, von den New Yorkern gehörig in den Allerwertesten getreten zu werden, und nehmt euch für die hoffentlich bald anstehende nächste Tour der Jungs aber auch gar NIX anderes vor, als dort am Start zu sein! (Hage)

Photos: Hage + Stefan © http://www.ancientspirit.de