INFERNO


Entombed sind wie eine Schachtel Pralinen - man weiß nie, was man bekommt. Zwar bleibt der Kern des Sounds immer derselbe, man erkennt zu jeder Schaffensphase, mit wem man es zu tun hat, doch präsentiert die Band dies immer wieder in unterschiedlicher Ausprägung. Auf die letzten 5 Jahre bezogen wäre „Same Difference“ die intelligente, reife Scheibe, „Uprising“ die Dreck- und Rotzdefinition, „Morning Star“ die Rückkehr zum Metall, und was ist „Inferno“?

Auf jeden Fall ist „Inferno“ seit längerem wieder mal ein Album, welches vom Sound her zum Bandnamen passt. Es herrscht eine modrig gruslige Friedhofstimmung, die Riffs und Beats sind nicht, wie von manchen sicherlich erwartet, zum Wände einreißen, sondern zum verrotten und verwesen! Die Produktion ist grundsätzlich nicht besonders fett oder druckvoll, obwohl der Sound gerade auch wegen des dominanten Basses von Herrn Sandström sehr warm klingt. Passend dazu bauen die Songs selbst nicht auf Härte und Geschwindigkeit auf, sondern verlassen sich eher auf Songwriting-Qualitäten und Atmosphäre. Viele, darunter auch bekannte Szene-Magazine, reden von einer „Rückkehr zu Death Metal-Roots“ usw., doch derartige Elemente erscheinen eher vereinzelt. So sind lediglich die Songs „Young&Dead“ und „Public Burning“ komplett in hoher Geschwindigkeit gehalten und stellen auch sicher nicht die Höhepunkte der Scheibe dar. Viel präsenter sind dagegen doomige und fiese Riffs („Children Of The Underworld“), gepaart mit mächtigen Grooves („Skeleton Of Steel“, „Retaliation“). Hier und da kommt das Material sogar recht rockig rüber, wie in „Nobodaddy“ oder „That’s When I Became A Satanist“, was mich persönlich gelegentlich dazu verleitet, auch wegen der recht gemäßigt gehaltenen Vocals ein klein wenig an „Same Difference“ zu denken. Jetzt nicht erschrecken, schließlich kommt ja noch das schwere Doom-Pfund drauf! Stellenweise rollen die Songs fast schon New Orleans-like vor sich hin. Weiterhin haben die Herren es geschafft, all dies so zu verpacken, dass regelrechte Ohrwürmer entstehen, die man den ganzen Tag vor sich hinsummt! Wie zu „DCLXVI“-Zeiten hat jedes Lied seinen ganz eigenen Charme, was auf den letzten beiden Alben ein wenig zu vermissen war. Wie schon damals wurde auch hier die Produktion PERFEKT an die Songs angepasst. Perlen wie „Night For Day“ oder „Retaliation“ können anders einfach nicht besser sein, weil sie so ihre Stimmung optimal entfalten können, wie sie hier stehen! Sogar die gewohnt scharfsinnigen Texte unterstützen diesen Eindruck noch durch die düstere Wortwahl. Wie schon zu jenen goldenen Zeiten hat auch hier wieder ein Pianostück im „DCLXVI“-Stil seinen Weg auf die Scheibe gefunden, welches auch wirklich sehr atmosphärisch rüberkommt und den Gesamteindruck nur noch bestätigt. Lediglich das Cover lässt arg zu wünschen übrig (ohne die roten „Recycling“-Pfeile wäre es ja halb so wild...)! Dafür versucht es wenigstens nicht über mangelnde Qualitäten hinwegzutäuschen.

Dieses Album erschließt sich einem vielleicht nicht gleich beim ersten Hören und wirft sich einem nicht so in die Arme wie seinerzeit „Wolverine Blues“, doch dafür wächst es danach umso mehr, das verspreche ich euch! Die zahlreichen „Inferno“- Verkäufe bei E-Bay beweisen zwar, dass es viele nicht verstanden haben, doch sollte man nicht zu voreilig urteilen! Diese CD ist wirklich ein absolut geiles Werk und beweist meiner Meinung nach wieder einmal, dass die fünf aus Schweden noch mächtig mitreden können!!! WE ARE THE CHILDREN OF THE UNDERWORLD AND WE’RE UNDEAD

J.Appel




ROCK HARD Ausgabe 196

(45:53) ENTOMBED haben sich inzwischen zu einer echten musikalischen Wundertüte entwickelt, bei der man nie weiß, was als nächstes raushüpft. Vollzog die schwedische Legende auf dem geilen letzten Longplayer "Morning Star" eine Kurskorrektur zurück zu den Death-Metal-Roots der Band, so ist dieses neue Album eher eine Rückbesinnung auf ihre Rock´n´Roll-lastige Phase zwischen "Wolverine Blues" und "To Ride, Shoot Straight...", allerdings mit einem etwas stärkeren Hardcore-Approach. Dem Ganzen wurde zudem ein echter Underground-Garagen-Sound verpasst (alter Schwede, der Bass wummert echt unbarmherzig!), und fertig ist eine ganz neue Seite von ENTOMBED. Eins steht aber fest: ENTOMBED schreiben immer noch perfekte Headbanger-Mucke. Speziell mit ein paar Pils in der Blutbahn kann man hervorragend zu Nummern wie ´The Fix Is In´, ´Nobodaddy´, ´Flexing Muscles´ oder ´That´s When I Became A Satanist´ (Songtitel des Jahres!) die Rübe schütteln und hat dabei mächtig Spaß inne Backen. Und - surprise, surprise! - gegen Ende der Scheibe packen ENTOMBED mit ´Young & Dead´ oder ´Public Burning´ doch wieder die Death-Metal-Keule aus und legen mit ´Skeleton Of Steel´ noch ein lupenreines Thrash-Brett obendrauf. Coole Scheibe!


Note: ?

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